Kappa Freie Lichterketten
Die Multiple Sklerose Forschungsgesellschaft hat zum dritten Mal den Karl-Vass-Multiple-Sklerose-Forschungspreis für herausragende Forschungsarbeiten von österreichischen Nachwuchswissenschaftler:innen auf dem Gebiet der Multiplen Sklerose vergeben. Mehrere hervorragende Forscher:innen hatten sich für den Preis beworben, den die MS Forschungsgesellschaft in memoriam Univ. Prof. Dr. Karl Vass verleiht. Eine internationale Fachjury und der Vorstand der MS Forschungsgesellschaft haben die Einreichungen begutachtet und den Preisträger ermittelt. Lesen Sie im Folgenden einen Bericht des diesjährigen Preisträgers PD Dr. Harald Hegen anlässlich der Verleihung am 24. Jänner 2025.
Der Preis ist mit € 10.000 dotiert ist und wird von der Firma Biogen unterstützt, herzlichen Dank!
Ein neuer diagnostischer und prognostischer Biomarker bei Multiple Sklerose
In mehreren Studien der letzten Jahre an der Medizinischen Universität Innsbruck konzentrierte sich Priv.-Doz. Dr. med. univ. Harald Hegen, PhD, darauf, einen neuen Biomarker bei Multiple Sklerose (MS) zu etablieren. Der sogenannte Kappa-Freien Leichtketten (k-FLC) Index, der nicht nur für die Diagnosestellung verwendet werden kann, sondern es auch ermöglicht, den zukünftigen Verlauf der Erkrankung besser einzuschätzen, wird in die neuen internationalen Diagnosekriterien für MS aufgenommen und steht ab sofort in der Routine zur Verfügung.
Hintergrund
Die MS ist eine chronisch entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (Gehirn und Rückenmark), die typischerweise im jungen Erwachsenenalter auftritt, vorwiegend Frauen betrifft und mit einem Risiko für eine dauerhafte körperliche Behinderung einhergeht. Bei dem neuen Biomarker, den k-FLC, handelt es sich um Eiweißmoleküle, welche von Plasmazellen im Körper gebildet werden. Bei Patient*innen mit Verdacht auf MS können k-FLC im Nervenwasser (Liquor cerebrospinalis) und Blut bestimmt werden. Aus dem Verhältnis, wie viel k-FLC im Nervenwasser und Blut vorkommen, lässt sich der k-FLC Index berechnen. Dieser Index gibt Aufschluss über die entzündliche Aktivität im Gehirn und Rückenmark. Obwohl k-FLC bereits länger bekannt sind, gelang es erst mit neuen Labormethoden, diese im Nervenwasser zu messen und so ihre Bedeutung für die MS-Diagnose zu erkennen (1).
Kappa Freie Leichtketten zur Diagnose der Multiple Sklerose
Eine Analyse mit mehr als 3.300 MS-Patient*innen und 5.800 Kontrollen zeigte, dass der k-FLC Index eine diagnostische Zuverlässigkeit von rund 90 % erreicht – vergleichbar mit der bestehenden Labormethode (oligokonale Banden) (2). Dabei hat die Bestimmung der k-FLC zahlreiche Vorteile. k-FLC können einfach, automatisiert, kostengünstig und schnell gemessen werden. Zudem gibt der k-FLC Index erstmals einen Messwert, der das Ausmaß der entzündlichen Aktivität in Gehirn und Rückenmark quantifiziert.
Aufgrund dieses vorteilhaften Profils des k-FLC Index trafen sich 2021 in Österreich führende Experten auf dem Gebiet der MS- und Liquor-Forschung, darunter Neurolog*innen und Labormediziner*innen von 11 Institutionen aus 8 Ländern, um den Stellenwert des k-FLC Index weiter zu diskutieren. Dies führte zum Konsens, dass der k-FLC Index in die internationalen Diagnosekriterien für MS (McDonald-Kriterien) aufgenommen werden sollte (3).
Bessere Prognose des Krankheitsverlaufes
Neben der Diagnose spielt der k-FLC Index auch eine entscheidende Rolle in der Prognose von MS. MS verläuft typischerweise in Schüben, bei denen neurologische Ausfälle wie Sehstörungen oder Lähmungen auftreten. Diese Schübe bilden sich zum Teil nur unvollständig zurück und hinterlassen somit dauerhafte Behinderungen. Der k-FLC Index kann dabei helfen, die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Schübe vorherzusagen.
In einer Studie an der Universitätsklinik für Neurologie in Innsbruck wurden MS Patient*innen nach Erkrankungsbeginn über einen Zeitraum von 4 Jahren beobachtet. Es zeigte sich, dass der k-FLC Index vorhersagt, wann ein neuer Schub auftreten würde. Bei Patient*innen mit hohem k-FLC Index war das Risiko eines Schubes innerhalb von zwei Jahren viermal so hoch wie bei denen mit niedrigem k-FLC Index (4). Die Kombination von k-FLC Index mit einem weiteren vielsprechenden Biomarker, den sogenannten Neurofilament Leichtketten, verbesserte die Vorhersage der Krankheitsaktivität bei MS weiter. Insgesamt können Patient*innen mit MS somit sehr früh besser charakterisiert werden, um in Zukunft ein individualisiertes Therapiekonzept anzubieten (5) (Abbildung).
Fazit: Ein neuer Meilenstein
Zusammenfassend ist der k-FLC Index ein zuverlässiger diagnostischer Biomarker und ermöglicht früh die Krankheitsaktivität bei MS einzuschätzen. Die verlässliche Vorhersage eines ungünstigen Krankheitsverlaufes ist entscheidend, um für jeden einzelnen Patienten und jede einzelne Patientin maßgeschneidert die für ihn bzw. sie passende Therapie zu wählen (6). Mit dem k-FLC Index wurden die Weichen dafür entsprechend gestellt.
Literatur
- Filippo M Di, Gaetani L, D C, Hegen H, Kuhle J, Teunissen C, et al. Fluid biomarkers in multiple sclerosis: from current to future applications. The Lancet Regional Health – Europe. 2024;
- Hegen H, Walde J, Berek K, Arrambide G, Gnanapavan S, Kaplan B, et al. Cerebrospinal fluid kappa free light chains for the diagnosis of multiple sclerosis: A systematic review and meta-analysis. Mult Scler J. 2023;29(2):169–81.
- Hegen H, Arrambide G, Gnanapavan S, Kaplan B, Khalil M, Saadeh R, et al. Cerebrospinal fluid kappa free light chains for the diagnosis of multiple sclerosis: A consensus statement. Mult Scler J. 2023;29(2):182–95.
- Berek K, Bsteh G, Auer M, Pauli FD, Grams A, Milosavljevic D, et al. Kappa-Free Light Chains in CSF Predict Early Multiple Sclerosis Disease Activity. Neurology Neuroimmunol Neuroinflammation. 2021;8(4):e1005.
- Hegen H, Berek K, Bsteh G, Auer M, Altmann P, Pauli FD, et al. Kappa free light chain and neurofilament light independently predict early multiple sclerosis disease activity—a cohort study. eBioMedicine. 2023;91:104573.
- Hegen H, Bsteh G, Berger T. ‘No evidence of disease activity’ – is it an appropriate surrogate in multiple sclerosis? Eur J Neurol. 2018;25(9):1107-e101.
Einladung
Die Multiple Sklerose Forschungsgesellschaft vergibt zum dritten Mal den Karl-Vass-Multiple-Sklerose-Forschungspreis für herausragende Forschungsarbeiten von österreichischen Nachwuchswissenschaftler:innen auf dem Gebiet der Multiplen Sklerose. Mehrere hervorragende Forscher:innen hatten sich für den Preis beworben, den die MS Forschungsgesellschaft in memoriam Univ. Prof. Dr. Karl Vass verleiht. Eine internationale Fachjury und der Vorstand der MS Forschungsgesellschaft haben die Einreichungen begutachtet und den Preisträger ermittelt.
Der Preis, der mit € 10.000 dotiert ist und von der Firma Biogen unterstützt wird, wird am
24. Jänner 2025 im Hörsaal des Josephinums, Währinger Strasse 25, 1090 Wien
an den Preisträger PD Dr. Harald Hegen übergeben.
Programm
16:15 Begrüßung und Vorstellung des Preises, Univ. Prof. Dr. Thomas Berger, Präsident der MS Forschungsgesellschaft
16:25 Begrüßung, Dr. Andreas Bracher, Biogen Austria
16:30 Key Note Lecture, Univ. Prof. Dr. Florian Deisenhammer: „Die MS-Liquordiagnostik im Laufe der Zeit“
16:50 Diskussion
17:00 Feierliche Preisverleihung
17:25 Diskussion & Schlussworte
Wir beehren uns sehr, Sie zu dieser Veranstaltung einzuladen!
>>> Einladung als PDF <<<